Weinsteintour 2004 (12. September 2004)

"Super gefahr´n! Hey, Wahnsinn!"

Ja, das sind die Momente, für die ich bike. Etwas übertrieben zwar, aber ich habe mich schon sehr, sehr über dieses Kompliment eines Bikers gefreut, den ich kurz zuvor über den dritten Downhill des heutigen Tages so stehen lassen habe, wie es sonst nur Helmut mit der versammelten Konkurrenz beim Zielsprint macht. Dabei ist der Typ eigtl. gar nicht so schlecht gefahren und er hätte sicherlich dem kurzzeitig verschollenen Max R. noch gewaltig die Gurke gegeben, aber - was soll ich sagen? - es ist eben beim Biken wie beim Highlander: Es kann nur einen geben! Fairerweise muss ich jedoch anmerken, dass ich beim zweiten Downhill (bzw. bei der zweiten Abfahrt - die war nicht wirklich so spektakulär, dass sie dieses Prädikat verdient hätte) ungefähr ein bis zwei Zehntelsekunden auf den vor mir Fahrenden eingebüßt habe. Allerdings war das erstens ein einheimischer Downhill-Freak und zweitens ließ ich es da angesichts der Tatsache, dass am Ende dieser Abfahrt vor ca. drei Jahren innerhalb von zehn Metern sowohl Pauli als auch Bernhard (wenn ich mich recht erinnere) beinahe etwas unfreiwillig ihre MTB-Karriere an einem Baum bzw. in einem Bach beendet hätten, etwas ruhiger angehen. (Mit Verspätung dürfte das aber mittlerweile trotzdem passiert sein, denn auf einem Bike habe ich in diesem Jahr keinen von den beiden erblickt.)

Bevor ich jetzt so richtig mit dem Bericht anfange, noch ein paar Tipps für alle Nachwuchsbiker und sonstige Interessierte:
1) Komme nie mehr als 15 min vor dem Rennen zum Start, auch wenn der Anmeldeschluss eine Stunde vorher ist. Irgendwer (Berni, Burtl, ...) ist immer da um deine Startnummer abzuholen.
2) Wenn es dir die Fingern zum wiederholten Male von den Bremshebeln runterbeutelt, dann geh runter vom Gas, sonst könnte es dich gar grauslich aufpracken.
3) Hast du 3 km vor und 200 HM über dem Ziel einen very fast puncture im Hinterrad (Luftausgehdauer ca. 2 s) und obendrein gerade neue Felgen montiert, dann schieb dein Rad ins Ziel. Es sei denn, du bist ein schwerreicher Assistent auf der TU und kannst dir jeden Monat eine neue Felge leisten, dann fahr weiter.
4) Solltest du einen Patschen haben, dann 
a) geht sich locker noch ein 45er auf regennasser Straße aus.
b) pass in den Kurven auf. Schleudergefahr!
c) kannst du selbst die schwierigsten Downhills noch so schnell fahren wie der Langenloiser vor dir. Bedenke: Du bist ein Kosmopilot!
5) Geht ein Downhill über ein, zwei Meter praktisch im freien Fall runter, brich nicht in Panik aus und betätige vor allem nicht die Vorderbremse.
6) Überholst du ein Mädchen bergab auf einer Wurzelpassage, schau ausnahmsweise nicht, ob sie gut aussieht, sondern konzentriere dich weiter auf deine Fahrt.
7) Wenn du einen Bericht zu einem Rennen schreiben willst, dann nimm Zettel und Bleistift mit um dir während des Rennens Notizen zu machen, sonst vergisst du die wichtigsten Tipps.
Obwohl ich mich nicht an all das gehalten habe, bin ich überraschenderweise doch ohne Sturz ins Ziel gekommen.

Was gibt es sonst noch zu sagen:
Nach telefonischer Voranmeldung eineinhalb Stunden vor dem Start fand ich mich 20 min vor demselben im Startbereich und traf auf Burtl, der mir dankenswerterweise die Startnummer organisiert hatte. Burtl fuhr nochmals zum Auto um sich seine Startnummer neu zu montieren, da sie mit den Bremsen interferierte. Ich ging pinkeln und stellte mich dann gleich zum Start - und fuhr anschließend zum Auto zurück um mir meine am Dach deponierten Handschuhe abzuholen. Den Granitbeisser wäre ich wahrscheinlich ohne Handschuhe gefahren, aber bei der Weinsteintour ist das sicher nicht zu empfehlen. Zurück im Startgelände stellte ich mich ziemlich weit hinten an und pünktlich sechs Minuten vor eins erfolgte der Startschuss. Entgegen meiner Befürchtung hat es Burtl auch noch rechtzeitig zurückgeschafft und sich gleich ganz vorne im 2. Startblock druntergemischt. Hannes Krivetz war der dritte wagemutige Kosmopilot; ihn sah ich aber erst nach ca. 20 km mit gerissener Kette am Wegrand steh´n. Die üblichen Trophy-Verdächtigen Leader und Nik konnten hingegen nicht gesichtet werden - vermutlich aus Angst vor der neuen Konkurrenz.
Das Höhenprofil der WeinSteinTour ist wahrscheinlich den meisten bekannt: rauf, runter, rauf, runter, rauf, runter, rauf, runter, rauf, runter. Vor allem das Runter ist wirklich das, warum ich bike. Einfach nur saugeil! Ich habe nachgedacht, welche Strecke leiwander ist als die WeinSteinTour (vor allem der Schlussdownhill), mir ist aber bis jetzt noch nichts eingefallen.
Also zuerst rauf, 500 HM oder so. Ich bin sogar mehr gefahren als die unmittelbare Konkurrenz, aber teilweise musste ich doch schieben. Dann runter: Ich komme in den Genuss eines seitlichen "Bauch"flecks mit anschließender Schraube des Trägers des weißen Trikots (und der weißen Hose) unmittelbar vor mir. Prädikat: sehenswert. "Geht´s eh?" "Jojo!" Ich wäre aber wahrscheinlich sowieso nicht stehen geblieben, da ich mich gerade im Geschwindigkeitsrausch befand. Schwache 10 habe ich bergab paniert. Die altbewährte Taktik aus Pertholz anno 03 hat sich voll bewährt: vom Start weg gleich hinten fahren und dann die Schwachstellen bergab stehen lassen und glauben, dass man super ist. Egal, mein Ego ist zumindest nach der großteils peinlichen Performance beim Granitbeisser wieder aufpoliert; das war letzte Woche wahrscheinlich doch der Restalkohol. Am Ende des ersten Downhills gibt´s dann noch eine Bachdurchfahrt, bei der ich bei meiner ersten WeinSteinTour-Befahrung intelligenterweise beide Beine weggestreckt habe um nicht nass zu werden. Das hat super funktioniert und so bin ich völlig trocken nach einem Dreiviertelsalto in den Brennnesseln gelandet. Dieses Jahr war alles kein Problem - aus Fehlern wird man klug.
Den 2. Berg rauf - und runter auf einem groben Schotterweg (oder wie das auch heißen mag). Die abschließende Pauli-rechts-Bernhard-links-Kombination meistere ich auch ohne Probleme.
Den 3. Berg rauf und runter. Danach Entgegennahme obiger Huldigung.
Den 4. Berg rauf. Irgendwo mitten auf einer steilen Wiese steht plötzlich ein Haufen Leute. Ich schaffe es ohne abzusteigen. War aber knapp. Runter werde ich dann etwas aufgehalten. Als ich den Wixer dann in einer Linkskurve innen überhole, schneidet der Wappler plötzlich von der Außenspur nach innen. Nachdem er mich doch noch registriert hat, scheißt er mich zusammen: "Wos sogsdn nix? Sagen: "Links", donn loss a de voabei!" Ich erwidere höflich: "Oida, wonnsd de bam Obfoan oscheißd, donn geh ham zu deina Mamma oda spü Fuaßboi. Mountainbiken is a Spuad fia echte Männer, ned fia Luschn!" Das habe ich mir allerdings doch nur gedacht, etwas diplomatischer habe ich dann gesagt: "Entschuldigung! Duad ma Lad!"
Danach den 5. Berg rauf, noch immer den 5. Berg rauf, das hat etwas länger gedauert, war es doch der Jauerling (mit "er"). Hier setzte irgendwann der Regen ein; er war aber nicht stark und daher ohne Bedeutung. Oben angekommen hatte es nur mehr 13 Grad, aber das störte mich nicht, denn vor lauter Vorfreude auf den 600-HM-nonstop-Downhill war mir sowieso schon ganz heiß. Zum Downhill, der übrigens gegenüber vor 2 Jahren deutlich verändert (und zwar verbessert) wurde, will ich gar nicht viel sagen, den muss man einfach selbst gefahren sein. Wie der geneigte Leser wahrscheinlich schon vermutet, hatte ich nach 400 HM purer Freude einen Patschen. Nach einem lautstarken Fluch entschloss ich mich noch etwas weiterzufahren, bis die nächste schwierigere Stelle kommt. Da das relativ gut funktionierte und ich überhaupt keine Lust hatte zu schieben, beschloss ich, dass steile Downhills über Wurzeln nicht als schwierige Stelle zu betrachten sind, und fuhr bis 50 m vor dem Ziel durch. Dort war nämlich eine schräge Bergauf-Passage über eine Wiese, bei der es mir den Mantel fast von der Felge runterzog. Nach dem Verspeisen seines Mikrophons hat der Moderator auch eingesehen, dass die Bemerkung "Wer sein Rad liebt, der schiebt!" nicht sehr lustig war.
Mit einer Zeit von 2:47 konnte ich mein Ziel einer Steigerung gegenüber 2002 (2:31, entspricht bei gleicher Streckenführung am Start ca. 2:35) nicht erreichen. Angesichts der Tatsache, dass ich auf den letzten knapp 3 km, die ich in 9 min zurücklegte, wegen des Patschens sicher eine gute halbe Stunde verloren habe, bin ich aber dennoch zufrieden.
Burtl, der Sack, hat es gewagt nach nur 2:28 ins Ziel zu kommen. Der Bursche hat wirklich überhaupt keinen Respekt vorm Alter. Im Ziel traf ich nur mehr Hannes, Burtl konnte ich nicht finden und da mir bald kalt wurde, zog ich - nachdem ich mir abschließend noch beim Radwaschen eine schwere Verletzung am kleinen Finger zugezogen hatte - halbwegs zufrieden von dannen.
Telefonisch erfuhr ich, dass Burtl mit seinem Rennen sehr zufrieden war. Laut eigenen Aussagen war er bergab nicht der große Hero, aber dafür auf den Jauerling hinauf umso schneller.

Michi
Uphill-Loser, but Downhill-Champ